Wie soll das gehen, ein Interview mit einer Frau, die nicht mehr sprechen kann?

 

nicht mehr sprechen
„Noch einmal in die Berge“ – ein Herzenswunsch von Traude Schuster begleitet von Stefanie Gläser und Claudia Schuster.

Traude Schuster, eine Patientin auf der Hospiz- und Palliativstation, wäre zu einem Interview bereit, lese ich in einer E-Mail. Ich mache gleich für den nächsten Tag einen Termin aus.

Während ich auf den Lift warte, um auf die Hospiz- und Palliativstation zu kommen, treffe ich unsere Pflegedienstleiterin Elisabeth Draxl. „Da wirst du dir heute viel Zeit nehmen müssen, aber wirst’ sehen, das geht schon“, meint sie. „Warum?“, frage ich verwirrt. „Na, weil Frau Schuster ALS hat und nicht mehr sprechen kann“, meint sie beiläufig. Da muss ich erst einmal tief durchatmen.

Nachdem ich bereits einmal einem Patienten mit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) begegnet bin, der nicht mehr sprechen konnte, fasse ich den Mut, mich auf diese Situation einzulassen. Ich komme ins Zimmer von Traude Schuster. Eine in sich zusammengesunkene, sehr magere Frau sitzt im Rollstuhl am Tisch vor dem Fenster. Vor ihr liegt ein iPad, eine Art Computer. Ich begrüße sie und streiche über ihre fast bewegungslose Hand. Ihre Augen strahlen mich an. Ihr fester und herzlicher Blick hilft mir, die Distanz der Sprachlosigkeit zu überwinden.

Traude Schuster versteht mich gut. Ich kann ihr Fragen stellen, die sie mit wenigen Worten auf ihrem iPad beantwortet. Ich muss Geduld haben, so überlege ich mir gut, was ich sie fragen möchte.

ALS-PatientInnen leiden an einer fortschreitenden Lähmung an unterschiedlichen Muskelgruppen. Bei vollem Bewusstsein erleben sie den teilweise kompletten Verlust ihrer körperlichen Fähigkeiten. Frau Schuster kann nicht mehr gehen, nicht mehr reden, schwer schlucken, kaum noch ihre Arme bewegen. Welcher körperliche Verlust sie am meisten schmerzt, möchte ich von ihr wissen. Ohne lange zu überlegen, schreibt sie mir zwei Worte auf: Bergsteigen und Skifahren. „Wann waren Sie denn das letzte Mal in den Bergen?“, frage ich weiter. „2009“. Und dann frage ich sie, ob sie denn noch einmal in die Berge möchte. Ihren Blick werde ich nie vergessen. Kein Wort hätte die Freude und Sehnsucht von Frau Schuster ausdrücken können.

Drei Tage später wurde Frau Schusters Wunsch in die Tat umgesetzt. Mit haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Hospiz- und Palliativstation ging es mit der Seegruben-und Hafelekar-Seilbahn in Innsbruck auf 2.200 Meter in hochalpines Gelände – ein für alle unvergesslicher Ausflug in die Berge!

Traude Schuster ist am 5. Dezember 2013 auf der Hospiz- und Palliativstation verstorben.

Maria Streli-Wolf
Öffentlichkeitsarbeit Tiroler Hospiz-Gemeinschaft

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