Sanfter Schafsgalopp

„Es war als ob die Schafe wüssten, dass Monika eine Verletzung am Bauch hat.“

Angela Arzl, ehrenamtliche Hospizbegleiterin Hospizteam Reutte und Autorin dieses Textes

Es war Anfang November und für die Jahreszeit noch sehr warm und sonnig. Monika* und ich hatten uns erst vor kurzem kennengelernt. An diesem schönen Spätherbsttag beschlossen wir, einen Ausflug an den See zu machen. Anfänglich war sie oft zwei Runden um den See gewandert. „Jetzt schaffte ich nur noch eine“, erzählte sie mir.

Monika liebt Tiere

Die Zeit verrann so schnell. Ich musste ja heim zu meinen Tieren, die noch auf der Weide waren und zurück zum Haus sollten. Wenn wir nicht bald gingen, wäre es schon dunkel, bis ich daheim ankam. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Tiere alleine im Finstern problemlos umtreiben können würde. Ich war in einem Dilemma, wollte ich doch unser Zusammensein nicht so abrupt beenden. Ich fragte Monika, ob es ihr etwas ausmachte, später nach Hause zu kommen. Sie war sofort einverstanden, mich zu begleiten, als sie den Grund für den Umweg hörte.

Kein Gedränge, kein Geschubse

Bei mir zu Hause holten wir einen Kübel mit trockenen Brotstücken, das Lieblingsfutter der Schafe. Als wir bei ihnen am Zaun standen, drängten sie sich schon alle vor uns zu einem Grüppchen zusammen, mähten und starrten begierig auf den Kübel. Monika schaute zurück. „Die sehen süß aus. Mit den spitzen Hörnern erinnern sie mich an Ziegen“, kam es nach einiger Zeit. Ich erzählte Monika, dass ich es normalerweise so mache, dass mein Mann den Zaun aufsteckt und ich die Schafe mit dem Kübel heimlocke. Monika grinste und meinte: „Das will ich machen!“ Mit den Worten „So schnell bin ich nicht mehr. Ich brauch einen Vorsprung“ schnappte sie sich den Kübel und marschierte in Richtung Haus. Auf ein Zeichen von ihr öffnete ich den Stromzaun und die ganze Herde, die natürlich den Brotkübel mit ihren Blicken schon verfolgt hatte, stürzte sich in Monikas Richtung. Die Schellen bimmelten und die Wolle wogte im Schafsgalopp. Monika machte zuerst große Augen, als die Tiere auf sie losstürmten, aber die Herde bremste bei ihr und umringte sie. Es gab kein Gedränge und Geschubse wie sonst, wenn es ein Guti für sie gibt. Es war, als ob sie wüssten, dass Monika eine Verletzung am Bauch hat und sie auf sie aufpassen müssen.

Ich betrachtete die Szene. Es war ein so schönes, friedliches Bild. Monika sprach mit den Schafen und es wirkte, als ob sie aufmerksam zuhörten. Immer wieder warf sie ihnen ein paar Brotstücke zu, die die Tiere sofort vertilgten, allerdings ohne die übliche Gier.

Nachdem die Schafe versorgt waren, brachte ich Monika nach Hause. Sie war so glücklich und meinte, dass es so feine Tiere seien, obwohl sie mit den spitzen Hörnern gefährlich ausschauten. Wenn sie jetzt schlafen ginge, würde sie die Schafe zählen und von ihnen träumen. „Den Duft der Schafe lass ich aber draußen“, lachte sie und ließ die Schuhe mit dem Mist auf der Sohle vor der Tür stehen.

Angela Arzl, ehrenamtliche Hospizbegleiterin Hospizteam Reutte und Autorin dieses Textes

*Name geändert

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