Was bleibt, wenn wir das Leben rückwärts denken?
Vielleicht nicht das, was wir geleistet, sondern das, was wir gefühlt, geteilt und versäumt haben?
Das Schicksal fragt nicht – es schlägt einfach zu. Alles läuft so halbwegs gut und dann ist plötzlich alles anders. Genau so standen wir – das Hospizteam Schwaz und Umgebung – beim Fest der Vielfalt in Schwaz. Vollkommen überraschend – mitten im bunten Trubel. Mit vier großen, schwarzen Tafeln. Darauf ein Satz, der erst einmal verstörte: „Bevor ich sterbe, möchte ich …“


Wir wollten niemanden erschrecken. Wir wollten erinnern. Daran, dass das Leben jetzt ist, nicht irgendwann. Die Tafel hat überrascht. Irritiert. Manche sind erschrocken weitergegangen. Und doch, der Satz wirkte nach.
Andere blieben stehen. Schauten. Haben gelesen.
Und einige blieben da und redeten. „Was für ein blöder Satz“, sagte eine Dame. „Ich will nicht sterben.“ „Das will niemand so wirklich“, antwortete ich. „Aber das Sterben gehört zum Leben. Und vielleicht macht genau dieser Gedanke das Leben kostbarer?“
Viele begannen zu überlegen: Was wäre mir noch wichtig? Womit warte ich schon zu lange?
Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Nicht irgendwann, denn irgendwann kann zu spät sein.
Die Idee stammt von der Künstlerin Candy Chang. Nach dem Tod eines geliebten Menschen stellte sie eine Tafel auf. Für das, was noch gesagt, gefühlt, gelebt werden wollte, bevor es zu spät ist.
„Die meisten Menschen bereuen am Ende nicht, was sie getan haben. Sondern das, was sie nicht getan haben.“
Sterben und Tod betreffen uns alle – irgendwann.
Und gerade das macht das Leben besonders. Wenn wir die Endlichkeit in unsere Gedanken lassen, erinnert uns die Endlichkeit daran: Achtsam zu leben. Bewusst zu leben. Mit dem Mut, auch mal etwas für sich selbst zu tun.
An diesem Tag ist genau das passiert: Menschen blieben neugierig stehen. Haben gelesen. Lächelten.
Ein Satz hat viele zum Schmunzeln gebracht: „Mama, warum muss ich Zähne putzen, wenn ich eh ins Gras beiße?“ Mit Humor ist vieles leichter – auch der Tod.
Es gab berührende Gespräche. Neugierige Fragen: „Was macht ihr beim Hospiz eigentlich?“
Andere waren tief betroffen. Zugehört, ein paar Worte, ein bisschen Trost – das hat in diesem Moment Hoffnung geschenkt.
Und dann wurde geschrieben. Erst zögerlich. Dann mit Begeisterung: Wünsche, Träume, Sehnsüchte.
„Bevor ich sterbe, möchte ich …“




Ein Satz auf einer Tafel hat vieles ausgelöst: Irritation, Nachdenklichkeit, Lächeln, Tränen. Und vor allem: Gespräche. Ein Rückblick auf einen besonderen Tag, der gezeigt hat, wie sehr uns der Gedanke an das Ende mitten ins Leben führen kann
Und Sie? Was würden Sie auf die Tafel schreiben?
Was möchten Sie noch tun, sagen, erleben, bevor es zu spät ist?
Lassen Sie sich berühren, erinnern, ermutigen: Das Leben ist jetzt. Nicht irgendwann.
Katrin Gerger, Regionalbeauftragte