Rückblick auf den 16. Tiroler Palliativtag am 22. April 2023

Einem Menschen begegnen bedeutet, ihm gegenüberzustehen, zu spüren, was mein Gegenüber neben all den Worten auszudrücken vermag.

Nach all den Onlineveranstaltungen der letzten Jahre konnte dann der 16. Palliativtag zu einem solchen Ort der Begegnung und der Vernetzung werden. Die feierlichen Grußworte der Vorstandsvorsitzenden der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, Marina Baldauf und der Landesgesundheitsrätin, Cornelia Hagele, stimmten 193 Kongressteilnehmerinnen und –teilnehmer im Landhaussaal auf das Thema Lebenswunsch – Sterbewunsch (Annäherung an das Thema anhand von Fatigue) ein.

Die Leiterin der Akademie der THG, Verena Klaunzer, und die Ärztliche Direktorin der THG, Andrea Knoflach-Gabis, führten das Publikum charmant durch den Tag.

Grundlage einer interdisziplinären Podiumsfallbesprechung war die theoretische Darstellung des Syndroms Fatigue. Exemplarisch für den gelebten Alltag der Palliativbetreuung kamen somit auch vier Disziplinen zu Wort, die die Betrachtung eines Patienten aus dem medizinischen (Andrea Scharmer), pflegerischen (Katharina Avanzini), psychologischen (Gabriele Schauer-Maurer) und physiotherapeutischen (Markus Geiregger) Blickwinkel ermöglichten.

FATIGUE ist keine Blickdiagnose, ist nicht behebbar durch Ruhe und Schlaf, braucht geschärfte Sinne. Geschärfte Sinne dafür, dass jede Betreuung eine Einzelsituation ist und dass die eigene Haltung symbolisiert, ergebnisoffen zu sein.

Gefolgt von der Podiumsdiskussion wurde ein Onlinevortrag zum Thema „Scham und Würde“. In Übergröße auf der Leinwand konnte Stephan Marks das Publikum sichtlich so berühren, dass aus der anschließenden Murmelrunde ein Bienenschwarm wurde, der uns allen zeigen konnte, wie brisant und präsent die Scham unseren Alltag prägt. Die „Aha“-Erlebnisse, die dieser Vortrag beim Publikum ausgelöst hat, machten deutlich, dass es einen aktiven und kreativen Ansatz braucht, damit die Scham als Wächterin der Menschenwürde im Bewusstsein von uns den Platz einnimmt, der ihr gebührt.

Die physiotherapeutische Sicht auf eine palliative Betreuungssituation beschrieben mit den Worten von Markus Geiregger, rief so manches Schmunzeln hervor und konnte überzeugend vermitteln, welch wichtige Rolle die Physiotherapie mit ihrer „bewegenden Haltung“ in einer palliativen Versorgungssituation übernimmt.

Zu Mittag wurden wir alle mit einem wahren Gaumenschmaus belohnt und hierfür sei an dieser Stelle Frank Maar und seinem Team herzlichst gedankt.

Nach dem Mittagessen verschob sich der Fokus: weg von der Betreuung hin zur Self-Care. Angelika Feichtner stellte dem Publikum vier Fragen, die jedem einzelnen spiegeln sollten, wie die eigene Position zum Umgang mit einem geäußerten Sterbewunsch ist. Die bisher so sehr geforderte Kompetenz der Empathie wurde in ihrem notwendigen Kontext zum Mitgefühl gestellt. Das Mitgefühl, das uns ermöglicht, handlungsfähig zu bleiben und mitzuschwingen, damit wir Betreuenden einer besonderen Verantwortung gerecht werden können. Der Verantwortung, dass die Reaktion der ersten Betreuungsperson auf einen geäußerten Sterbewunsch entscheidend ist – damit die Tür offen bleibt.

Im abschließenden Vortrag ermöglichte Gabriele Schauer-Maurer dem Publikum einen klaren Blick darauf, wie professionelles Einlassen gelingen kann. Gelingen bedeutet hier, zu wissen, dass meine eigene Geschichte und meine eigene Lebenssituation mitwirken. Das heißt, mit allen Sinnen wahrnehmen und in Resonanz gehen gelingt nur, wenn ich mir im Klaren bin hinsichtlich meiner eigenen Realität, meiner eigenen Endlichkeit. Und dann kann das Einlassen auf eine Begegnung stattfinden, mit ihrer eigenen Dynamik, mit ihrer zeitlichen Begrenzung und mit der Entwicklung einer Vertrauensbasis – offen bleiben im Hier und Jetzt für jede einzigartige Betreuungssituation.

Der Chor Vocappella rundete diesen Tag mit von Georg Scharmer gesprochenen Texten ab. Und so war es dem Publikum möglich, den Tag in sich nachwirken zu lassen. Wissend, dass der Wille des uns anvertrauten Menschen entscheidend ist – „lass mich gehen, aber lass mich nicht allein“.

Wir danken der Ärztekammer für Tirol und dem Landesinstitut für integrierte Versorgung für die großzügige Unterstützung!

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