Windmühlen bauen

„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen!“ – Dieses chinesische Sprichwort begleitet mich besonders seit einem Jahr. Noch nie in der Menschheitsgeschichte hat es so viele und so rasche Veränderungen gegeben wie heute. Gerade auch durch die Pandemie.

Veränderungen – vor allem rasante Entwicklungen und Wandlungen – lösen bei vielen Menschen Ängste aus. Sie gehen gegen den Strich. Menschen bauen Mauern, hinter die sie sich zurückziehen und schützen können. Sie wollen oder können die veränderten Realitäten nicht akzeptieren.

Im Gegensatz dazu haben andere Menschen wiederum Lust am Neuen. Sie brauchen frischen Wind, der die Windmühlen ihrer Ideen und Pläne in Schwung hält. Begreifen wir Veränderungen als Bedrohung oder als Chance?

Ich erinnere mich an die Grundregel meines Segellehrers, von dem ich immer wieder gehört habe: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Wie sehr sich diese Erkenntnis gerade in einem kleinen Boot auf See bewahrheitet, konnte ich bereits einige Male live erleben. Dennoch: Im alltäglichen Leben beklagen wir uns nicht selten über den falschen Wind, über Gegenwind, über Seitenwind, über Rückenwind oder dass uns der Wind ins Gesicht bläst.

Wir beschäftigen uns mit vielem, das sich nicht ändern lässt, anstatt herauszufinden, was wir ändern und dann auch konkret umsetzen können.

Werden äußere Faktoren für das eigene Leben und Wohlbefinden verantwortlich gemacht, entmachten wir uns damit selbst. Wir machen uns schwach und zu Leidtragenden der Umstände. Die Zuständigkeit für´s eigene Leben wird an die Winde, an andere abgegeben. Ein Fehler.

Der Wind bläst, wie der Wind eben bläst. Zeitpunkt, Richtung und Stärke können wir nicht beeinflussen. Auch wenn wir uns das manchmal wünschen. Was wir beeinflussen können ist das, was wir daraus machen, wie wir damit umgehen, ob und wie wir Windenergien nutzen und gestalten.

Was wir tun können, ist das eigene Denken, die Reaktionen und das persönliche Handeln so zu verändern, dass wir mit dem Wind ans Ziel kommen. Manchmal ist es der direkte Weg, manchmal sind Umwege notwendig. Das Ruder in die Hand nehmen, die Segel setzen, bedeutet: die Initiative ergreifen, sich nicht dem Schicksal ergeben, aktiv werden und sein.

Im Hospizhaus, auf der Station, in den Zimmern begegne ich täglich Menschen, die ihr verängstigtes, trauriges oder belastetes Herz offen halten für den „Wind“ Gottes. Sie trauen ihm zu, dass er immer wieder Wege eröffnet, Kraft dafür schenkt. Ich denke an eine Frau, die an Brustkrebs erkrankt ist und eine schwere Operation, Chemotherapien und Bestrahlungen durchgestanden hat. Dennoch lächelt sie dankbar. Sie bleibt zuversichtlich und fühlt sich getragen vom Vertrauen, vom Glauben an einen mitgehenden Gott ermutigt.

Ich denke auch an unsere zahlreichen ehrenamtlichen ospizbegleiter*innen, die an vielen Orten in unserem Land ihre Zeit, ihre Ohren und ihr Herz schenken, weil sie überzeugt sind: Es macht Sinn, sich einem anderen Menschen in Not zuzuwenden. Mir fallen Trauernde ein, die es schwer haben. Viele von ihnen leben den Satz eines Gedichtes von Hilde Domin: „Stehen bleiben und sich umdrehen hilft nichts. Es muss gegangen sein!“ Und irgendwann gelingt es ihnen doch, in der veränderten Lebenssituation eine Herausforderung, eine Chance zu sehen. Sie lassen sich bewegen wie eine Windmühle. Sie wagen es, neue Schritte zum Leben und Weiterleben zu gehen. Sie lassen sich leiten von der Aussage: „Nichts ist beständiger als der Wandel.“ (Heraklit)

Dazu passt das folgende Gebet, das uns beim Windmühlen bauen begleiten kann: „Herr, hilf mir, die Segel meines Lebens in Deinen Wind zu setzen.“

Fastenimpuls Mittwoch, 24. März 2021

Romana Thurnes, Seelsorgerin

Foto: Romana Thurnes

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