„Ich möchte, dass er bei mir bleibt, bei uns. Ich lasse ihn nicht los.“

"Wir bleiben zurück. Aber wir dürfen unsere Angehörigen einer neuen Wirklichkeit, jemandem überlassen ..."

Gedanken zum Loslassen von Christian Sint und Elisabeth Medicus, Seelsorger und Ärztin auf der Hospiz- und Palliativstation Innsbruck beim Ostermontaggottesdienst 2012.

Christian Sint:

Loslassen, du musst loslassen“. Dieses Wort, dieser Satz ist Ihnen vielleicht begegnet oder Sie haben es sich selbst gesagt als Ihr Angehöriger starb. Muss ich ihn oder sie wirklich ganz loslassen? Ich nehme das Wort „loslassen“ nicht mehr so gerne in den Mund.

Elisabeth Medicus:

Eine Frau schreibt ein halbes Jahr nach dem Tod ihres Mannes:

„Ich habe den Tod meines Mannes akzeptiert, weil ich es musste. Als er starb, war ich froh, dass er nicht noch mehr leiden musste. Anfangs. Aber ich habe ihn nicht losgelassen. Nicht, solange er am Leben war und nicht nach seinem Tod. Ich möchte, dass er bei mir bleibt, bei uns. Ich lasse ihn nicht los.“

Dieses Verständnis vom so oft bemühten Wort vom „Loslassen“ teile ich. Das „Akzeptieren“ ist schon schwer genug angesichts des Schmerzes, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat, weil der Tod so endgültig ist.

Christian Sint:

Maria von Magdala, eine enge Weggefährtin Jesu weint:

„Man hat mir meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht wohin man ihn gelegt hat.“

Maria von Magdala macht ein Wechselbad der Gefühle durch: Sie muss den Tod von Jesus, sein grausames Ende zulassen. Gleichzeitig trägt sie in sich viele schöne verinnerlichte Bilder des Lebens: die Wege auf denen sie mit den Jüngern und Jesus unterwegs war, die Heilung von ihrer psychischen Erkrankung. Sie muss nicht alles loslassen. Sie darf sich erinnern, manches verinnerlichen, bergen,

hüten. Es tut schrecklich weh, ihn gehen lassen zu müssen. Aber es ist Jesus selbst, der Auferstandene, der sie mit ihrem Namen „Maria“ anspricht und sie bittet, ihn gehen zu lassen in eine neue Wirklichkeit zu Gott: „Halte mich nicht fest. Denn ich bin noch nicht zu meinem Vater hinaufgestiegen!“

Elisabeth Medicus:

Einmal habe ich einen Patienten direkt gefragt, was er sich denn denke zum Begriff des Loslassens. Nach einer ersten Äußerung der Missbilligung diesem Wort gegenüber hat er mir folgendes Bild geschenkt: Vielleicht, so hat er gemeint, sei es beim Sterben wie beim Trapezkünstler. In dem Moment, in dem er springt: nichts mehr zum Festhalten, nichts mehr, das ihn hält, er setzt sich aus, er überlässt sich ganz seinem Gegenüber.

Christian Sint:

Wir bleiben zurück. Aber wir dürfen unsere Angehörigen einer neuen Wirklichkeit, jemandem überlassen. Das hat viel mit Vertrauen zu tun. Dieses Lassen – ob es ein Zulassen, Loslassen, Überlassen ist – hat einen Ort, ein Du.

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